Die Pritzker-Preisträger und ihre Bauten in Barcelona I

Die Stadt rühmt sich unzähliger Bauwerke von einem Dutzend Preisträgern der wichtigsten Auszeichnung für Architektur

Frank Gehrys „Goldener Fisch“, © AL PHT Air Picture TAVISA/barcelona.cat, unter Lizenz CC BY-NC-ND 4.0

Der Pritzker-Preis, der “Nobelpreis der Architektur”

Man kann der Ansicht sein, dass Auszeichnungen einen relativen Wert haben, aber in Wahrheit berücksichtigen wir sie immer, auch wenn es nur darum geht, sie anzufechten oder ihre Vergabe in Frage zu stellen. Dies trifft auf die Bereiche Film und Musik sowie selbstredend auch auf die Architektur zu. Und jenseits jeglicher Skepsis müssen wir die Bedeutung des Pritzker-Preises anerkennen, der gerne auch als „Nobelpreis der Architektur“ bezeichnet wird. Diese auf eine private Initiative zurückgehende Auszeichnung wird einem lebenden Architekten als besondere Anerkennung für sein Gesamtwerk verliehen. Dank der klugen Auswahl der ersten drei Preisträger konnte sich der Architekturpreis schnell als eine der höchsten internationalen Ehrungen etablieren.

Die Konsolidierung des heute weltweit wichtigsten Architekturpreises

In den ersten Jahren ging der Pritzker-Preis an Architekten verschiedener Nationalitäten und unterschiedlicher, ja sogar gegensätzlicher, Tendenzen. Philip Johnson war nicht nur ein herausragender Architekt, sondern spielte auch eine entscheidende Rolle bei der Verbreitung der modernen Architektur in den Vereinigten Staaten sowie der entschlossenen Aufnahme der Bauhaus-Professoren, die dem Nazi-Regime entkommen waren. Luis Barragán hingegen verfolgte einen hybriden, sich zwischen Modernität und mexikanischer Tradition bewegenden Ansatz, war aber bereits eine international anerkannte Figur. Mit seinen brutalistischen Projekten repräsentierte der Brite James Stirling eine weitere divergierende Linie der Moderne und wagte sich gerade erst in die postmoderne Phase seiner Karriere.

Unvermeidlich landete der Pritzker-Preis auch in den Händen von Architekten, deren Bedeutung im Laufe der Zeit schwand. Zutreffend ist aber vor allem, dass einige von ihnen zu Unrecht vergessen wurden und sich die meisten der Pritzker-Preisträger einen Platz auf dem „Olymp“ der zeitgenössischen Architektur sichern konnten, einschließlich Fachleuten, die der theoretischen Reflexion Priorität gaben.

Was erfolgte zuerst, Auftrag oder Auszeichnung?

Es gilt anzumerken, dass ein großer Teil der Architekten, die wir erwähnen werden, den Pritzker-Preis erst nach ihrem Debüt in Barcelona gewonnen haben. Dies bedeutet einerseits, dass sie nicht etwa eingeladen wurden, weil sie bereits Preisträger waren, und andererseits, dass ihre Bauten in Barcelona zur Erlangung der Auszeichnung beigetragen haben könnten. Besonders deutlich wird dies im Falle Moneos, Nouvels, Isozakis oder des katalanischen Büros RCR Arquitectes – ein Blick auf die auf der Website des Pritzker-Preises gelisteten herausragenden Projekte genügt, um unsere Annahme zu bestätigen.

Olympia-Bauten von Pritzker-Preisträgern: Barcelona rückt in den Fokus der Weltöffentlichkeit

Der Zeitraum, der um 1986 begann, markierte einen der bemerkenswertesten Transformationsprozesse, die Barcelona im Verlauf des 20. Jahrhunderts durchlief. Auslöser für diese Veränderungen war die Wahl Barcelonas als Austragungsort der Olympischen Spiele 1992. Obwohl die lokalen Architekten maßgeblich für die städtische Erneuerung und Errichtung neuer Gebäude verantwortlich waren, bot das Sportgroßereignis auch die Gelegenheit, Werke herausragender internationaler Architekten in Barcelona zu präsentieren – auch wenn einige ihrer Interventionen nicht die erwartete Wirkung erzielten.

Die Wetterstation Centre Meteorològic (1992) von Álvaro Siza im Olympischen Dorf ist ein interessantes, von Architektur-Laien jedoch oft übersehenes Gebäude; der Fernsehturm “Torre de Collserola“ (1992) von Norman Foster wirkt als elegantes Wahrzeichen aus der Ferne, aber die Bürger suchen ihn selten auf; Frank Gehrys gigantischer Fisch „El Peix“ (1992) im Olympischen Hafen ist charismatischer, aber bleibt eine etwas rätselhafte Pergola auf halbem Wege zwischen skulpturalem und architektonischem Entwurf.

Álvaro Sizas Wetterstation Centre Meteorològic, © Rodrigo Chaparreiro

Der Palau Sant Jordi von Arata Isozaki, das Juwel des Olympischen Rings

Vorzeigebau der Olympischen Spiele war zweifellos der Palau Sant Jordi (1990) von Arata Isozaki: Im Herzen des sogenannten olympischen Rings gelegen, der die wichtigsten Sportanlagen umfasst, wurde er zum architektonischen Symbol des Events.

Der Palau Sant Jordi ist ein herausragendes Beispiel für das Gleichgewicht zwischen Tektonik, Eleganz und Sinnlichkeit. Weitab von Isozakis postmodernem Ansatz, fand der Entwurf zur Klarheit früherer Projekte zurück und bewahrte sich eine spielerische Leichtigkeit – wenngleich zurückhaltender als in den so charakteristischen Gebäuden des Architekten aus den 80er Jahren. Alles in dieser Halle scheint sich harmonisch ineinanderzufügen: angefangen bei der spektakulären Konstruktionstechnik bis hin zur materiellen Anordnung von Oberflächen und Details, den geschwungenen Linien, die an Gaudí erinnern, sowie der Nüchternheit der Vordächer und Innenhöfe. Nicht umsonst betrachten viele Architekten und Kritiker den Palau Sant Jordi als eines der besten Projekte Isozakis.

Palau Sant Jordi von Arata Isozaki, © Oh-Barcelona, unter Lizenz CC BY 2.0

Rafael Moneos L‘Illa Diagonal definiert einen Abschnitt der bedeutenden Straße Avinguda Diagonal neu

Der große Schwung, den das olympische Barcelona erfasst hatte, brachte in den Folgejahren eine Reihe von Großprojekten mit sich, die darauf abzielten, ausgewählte Stadtteile städtebaulich zu transformieren.

L’Illa Diagonal (1993) von Rafael Moneo und Manuel de Solà-Morales gilt darunter als eines der repräsentativsten. Der Gebäudekomplex wurde als großer horizontaler Block mit gemischter Nutzung in einem Gebiet errichtet, das zu jener Zeit seinen Charakter zu definieren suchte. Die rechteckige, fragmentierte und gestufte Volumetrie ist eine Allegorie der Stadt als Nebeneinanderstellung von Bauten. Sie kontrastiert mit der einheitlichen, durch eine Verkleidung aus hellem Stein und gleichmäßige Anordnung der Fenster geprägte Architektursprache. Noch interessanter ist die Rückseite der Fassade und die interne Straße, die das Einkaufszentrum strukturiert und in einem überdachten Innenhof von hoher räumlicher Komplexität endet.

Einkaudszentrum L’illa Diagonal von Rafael Moneo und Manuel de Solà-Morales, © Rodrigo Chaparreiro

Konzerthalle L‘Auditori von Moneo: Die Schaffung eines neuen kulturellen Zentrums

Das Auditori (1999) von Rafael Moneo, obgleich etwas kleiner, spielte eine vergleichbare Rolle, indem es versuchte, ein mit dem Rest der Stadt verwobenes kulturelles Zentrum im Umfeld der Plaça de les Glòries zu definieren.

Auch dieses Projekt wurde als horizontaler Block konzipiert, diesmal jedoch mit einer regelmäßigeren Volumetrie, die durch eine modulare Betonstruktur mit Cortenstahl-Paneelen geprägt ist. In der Mitte des Blocks befindet sich ein gedrehter Würfel aus durchscheinendem Glas. Der auf diese Weise entstehende attraktive Innenplatz fungiert als Bindeglied zwischen den beiden Auditorien, aber auch als Fußgängererweiterung der Straße Ausiàs Marc und verbindet das Gebäude mit dem Teatre Nacional de Catalunya. Ähnlich wie bei der Illa ist die räumliche Qualität des Projekts noch interessanter als seine äußere Erscheinung, wobei der Hauptkonzertsaal und das vorgeschaltete Foyer besonders hervorstechen.

Konzerthalle L’Auditori von Rafael Moneo, © Francis Lenn, unter Lizenz CC BY 2.0

Richard Meiers MACBA: Ein Museum zur Belebung des Stadtteils Raval

Eine weiteres Bauprojekt aus dieser Zeit, welches zudem eine soziale Herausforderung darstellte, war die Schaffung eines aus mehreren Gebäuden bestehenden Kulturclusters im Stadtviertel Raval, darunter das Museu d’Art Contemporani de Barcelona (MACBA, 1995) von Richard Meier.

Als zentrale Figur der die 1970er Jahre bestimmenden architektonischen Transformationsprozessen war Meier Mitglied der New York Five. Diese jungen Architekten, zu denen auch Peter Eisenman gehörte, experimentierten mit Ansätzen, die sich verspielt gaben und gleichzeitig streng im formalen Repertoire der 1920er und 1930er Jahre bewegten, insbesondere in Bezug auf das Werk von Le Corbusier. Bereits in dieser Frühphase offenbarte Meier eine intellektuelle Rastlosigkeit, die er in den folgenden Jahrzehnten weiterentwickelte.

Meier entwickelte sich zu einem gefragten Architekten in den 1980er und 1990er Jahren; Weiß galt dabei als sein unverkennbares Markenzeichen. Obwohl er mit Beginn des neuen Jahrhunderts etwas in Vergessenheit zu geraten schien, sollte ein Besuch im MACBA ausreichen, um sich das Werk dieses großartigen Raumkünstlers einmal mehr ins Bewusstsein zu rufen. Meier bewegte sich stets abseits des Kontextualismus, und sein Museum im Herzen des Raval ist ein gutes Beispiel dafür. Es steht formal im Kontrast zur Umgebung, aber seine spannungsvolle Gebäudevolumetrie schafft öffentliche Räume von hoher Qualität, und das Ergebnis ist viel kohärenter als das anderer zeitgenössischer Gebäude.

Richard Meiers Museu d’Art Contemporani de Barcelona, © GA Barcelona

Das Hauptgebäude des Forum 2004 von Herzog & de Meuron als Abschluss der Avinguda Diagonal

Das bedeutende Grossereignis zu Beginn des 21. Jahrhunderts, die Austragung des Internationalen Forums der Kulturen 2004 in Barcelona, brachte einige interessante architektonische und städtebauliche Projekte, wie die Vollendung der Avinguda Diagonal, die genau an jenem Punkt das Mittelmeer erreichte, wo sich das zentrale, vom renommierten Architektenduo Jacques Herzog & Pierre de Meuron entworfene Gebäude der Veranstaltung befand.

Ihr Edifici Fòrum (2004) hat aus verschiedenen Gründen nicht einstimmig Anerkennung erfahren und ist zumindest ein sonderbares Gebilde. Auf den ersten Blick ein zweigeschossiger Bau, bildet das Erdgeschoss einen auffällig zurückgenommenen, porösen und mit maritimen Anspielungen gespickten Sockel, der sich in eine vollkommen neue städtische Umgebung einzugliedern versucht. Das darüber liegende Geschoss präsentiert sich als massives, an allen Seiten auskragendes blaues Dreieck. Wie üblich für Schweizer Architekten, spielen Texturen eine zentrale Rolle bei der Entwurfskonzeption.

Nichtsdestotrotz haben die spärliche natürliche Beleuchtung im Gebäudeinneren, das verschwundene Wasserbecken auf dem Dach und einige Kritik an der Fòrum-Veranstaltung selbst den Ruhm des Gebäudes in weiten Teilen geschmälert, obwohl ihm zuletzt durch die Umnutzung in ein Naturkundemuseum neues Leben eingehaucht wurde.

Forum-Gebäude von Jacques Herzog & Pierre de Meuron, © Daniele Ansidei

Die Torre Glòries von Jean Nouvel: Ein neues Wahrzeichen für Barcelona

Am anderen Ende der Avinguda Diagonal befindet sich der Büroturm Torre Glòries (2005), Jean Nouvels erstes Werk in Barcelona. Ursprünglich für das Unternehmen Aguas de Barcelona (Agbar) konzipiert, ist der Entwurf von einem Geysir inspiriert ein Umstand, der ein Stück weit die einzigartige Form und die aus Glaslamellen bestehende, zwischen transparenten und transluzenten Elementen wechselnde Außenhaut des Gebäudes erklärt. Hinter einer zweiten Gebäudehülle aus gewellten Metallplatten verbirgt sich eine für einen 34-stöckigen Turm ungewöhnliche Stahlbetonkonstruktion.

Der elliptische Grundriss und die scheinbar zufällig angeordneten quadratischen Fassadenöffnungen sind weitere markante Merkmale des Projekts. Wenn man dazu noch die Gebäudehöhe von 144 m, die intelligente Fassadenbeleuchtung und die kürzlich eröffnete Aussichtsplattform in der obersten Etage berücksichtigt, wird schnell verständlich, dass die Torre Glòries zu einem wichtigen Bezugspunkt für Barcelona und zum Symbol der städtischen Erneuerung in diesem Teil der Stadt geworden ist.

Torre Glòries von Jean Nouvel, © GA Barcelona

Landschaftsdesign, das seinesgleichen sucht: Nouvel‘s Parc del Centre del Poblenou

Auf halbem Weg zwischen dem Fòrum und der Torre Glòries liegt der sehr ungewöhnliche Parc del Centre del Poblenou (2008), Nouvels zweites Projekt in Barcelona. Wie der Name verrät, handelt es sich um einen landschaftsarchitektonischen Entwurf, der erwartungsgemäß wenig mit herkömmlichen Parks zu tun hat. Zunächst einmal verfügt er über eine dreieckige Form, die drei Häuserblocks einnimmt, zwischen denen der Straßenverkehr erhalten wurde. Jeder einzelne dieser Bereiche ist von Betonmauern umgeben, die mit Vegetation bedeckt sind und von kreisförmigen Öffnungen sowie verschiedenen Zugangstüren durchbrochen werden. Einzig in der Espronceda-Straße wird durch die Schaffung eines grünen Tunnels eine gewisse Kontinuität zwischen den voneinander abgetrennten Sektoren ablesbar.

Im Inneren des Parks definiert eine Kollektion kreativ gestalteter Stadtmöbel unterschiedliche thematische Räume, in denen heimische Pflanzenarten vorherrschen und das Fehlen der für das Klima von Barcelona eher ungeeigneten Rasenflächen auffällt. Besondere Erwähnung verdient der „Cráter-pou del mon“, ein nahezu surrealer Raum, in dem ein von Bougainvilleen umgebener spiralförmiger Weg hinab in den vermeintlichen Krater führt.

Parc del Centre del Poblenou von Jean Nouvel, © Luis Fraguada, unter Lizenz CC BY-SA 2.0

Fortsetzung folgt…

Wie wir sehen, verfügt Barcelona über eine nicht unbedeutende Anzahl von Bauwerken, die aus der Feder renommierter, mit dem Pritzker-Preis ausgezeichneter Architekten stammen. Es sind so viele, dass wir in einem zweiten Blog-Artikel weitere in den letzten beiden Jahrzehnten entstandene Projekte besprechen werden, darunter Werke des katalanischen Teams RCR Arquitectes sowie des jüngsten Pritzker-Preisträgers David Chipperfield. Sie dürfen also auf die Fortsetzung unseres Blogs Mitte Oktober gespannt sein!

Text: Pedro Capriata

LITERATURVERZEICHNIS

Centre Obert d’Arquitectura (s.f.). ArquitecturaCatalana.Cat
https://www.arquitecturacatalana.cat/en

Cervelló M., Gausa M., Pla, M. (2013). BCN Barcelona: Guía de Arquitectura Moderna. Actar

Frampton, K. (1992). Modern Architecture. A Critical History. Thames and Hudson.

Franco, J. T. (2014). El legado arquitectónico de los Juegos Olímpicos de Barcelona 1992. ArchDaily.
https://www.archdaily.cl/cl/02-360988/el-legado-arquitectonico-de-los-juegos-olimpicos-de-barcelona-1992

González, F., Ray, N. (2015). Rafael Moneo: Building, Teaching, Writing. Yale University Press.

Jodidio, P., Nouvel, J. (2022). Jean Nouvel by Jean Nouvel. 1981–2022. Taschen.

Nouvel, J. et Al. (2007). Torre Agbar: Diálogos con Barcelona. Lunwerg.

Oliva, J. (2023). Barcelona, la ciudad donde los premios Pritzker conviven con el Modernismo. La Vanguardia.
https://www.lavanguardia.com/vida/20230308/8810313/barcelona-ciudad-premios-pritzker-conviven-modernismo.html

Oshima, K. T. (2009). Arata Isozaki. Phaidon.

The Pritzker Architecture Prize (s.f.).
https://www.pritzkerprize.com/

VV.AA. (1992). Barcelona olímpica. La ciudad renovada. Àmbit Serveis Editorials.

VV.AA. (2006). Richard Meier Museums. Rizzoli.

VV.AA. (2021). Barcelona. Modern Architecture & Design. Monsa.

Published On: Juli 31, 2023Categories: blog
Neuer sozialer Wohnbau in Barcelona, ein Vorbild für Innovation und Nachhaltigkeit
Die Pritzker-Preisträger und ihre Bauten in Barcelona II

Die Pritzker-Preisträger und ihre Bauten in Barcelona I

Die Stadt rühmt sich unzähliger Bauwerke von einem Dutzend Preisträgern der wichtigsten Auszeichnung für Architektur

Frank Gehrys „Goldener Fisch“, © AL PHT Air Picture TAVISA/barcelona.cat, unter Lizenz CC BY-NC-ND 4.0

Der Pritzker-Preis, der “Nobelpreis der Architektur”

Man kann der Ansicht sein, dass Auszeichnungen einen relativen Wert haben, aber in Wahrheit berücksichtigen wir sie immer, auch wenn es nur darum geht, sie anzufechten oder ihre Vergabe in Frage zu stellen. Dies trifft auf die Bereiche Film und Musik sowie selbstredend auch auf die Architektur zu. Und jenseits jeglicher Skepsis müssen wir die Bedeutung des Pritzker-Preises anerkennen, der gerne auch als „Nobelpreis der Architektur“ bezeichnet wird. Diese auf eine private Initiative zurückgehende Auszeichnung wird einem lebenden Architekten als besondere Anerkennung für sein Gesamtwerk verliehen. Dank der klugen Auswahl der ersten drei Preisträger konnte sich der Architekturpreis schnell als eine der höchsten internationalen Ehrungen etablieren.

Die Konsolidierung des heute weltweit wichtigsten Architekturpreises

In den ersten Jahren ging der Pritzker-Preis an Architekten verschiedener Nationalitäten und unterschiedlicher, ja sogar gegensätzlicher, Tendenzen. Philip Johnson war nicht nur ein herausragender Architekt, sondern spielte auch eine entscheidende Rolle bei der Verbreitung der modernen Architektur in den Vereinigten Staaten sowie der entschlossenen Aufnahme der Bauhaus-Professoren, die dem Nazi-Regime entkommen waren. Luis Barragán hingegen verfolgte einen hybriden, sich zwischen Modernität und mexikanischer Tradition bewegenden Ansatz, war aber bereits eine international anerkannte Figur. Mit seinen brutalistischen Projekten repräsentierte der Brite James Stirling eine weitere divergierende Linie der Moderne und wagte sich gerade erst in die postmoderne Phase seiner Karriere.

Unvermeidlich landete der Pritzker-Preis auch in den Händen von Architekten, deren Bedeutung im Laufe der Zeit schwand. Zutreffend ist aber vor allem, dass einige von ihnen zu Unrecht vergessen wurden und sich die meisten der Pritzker-Preisträger einen Platz auf dem „Olymp“ der zeitgenössischen Architektur sichern konnten, einschließlich Fachleuten, die der theoretischen Reflexion Priorität gaben.

Was erfolgte zuerst, Auftrag oder Auszeichnung?

Es gilt anzumerken, dass ein großer Teil der Architekten, die wir erwähnen werden, den Pritzker-Preis erst nach ihrem Debüt in Barcelona gewonnen haben. Dies bedeutet einerseits, dass sie nicht etwa eingeladen wurden, weil sie bereits Preisträger waren, und andererseits, dass ihre Bauten in Barcelona zur Erlangung der Auszeichnung beigetragen haben könnten. Besonders deutlich wird dies im Falle Moneos, Nouvels, Isozakis oder des katalanischen Büros RCR Arquitectes – ein Blick auf die auf der Website des Pritzker-Preises gelisteten herausragenden Projekte genügt, um unsere Annahme zu bestätigen.

Olympia-Bauten von Pritzker-Preisträgern: Barcelona rückt in den Fokus der Weltöffentlichkeit

Der Zeitraum, der um 1986 begann, markierte einen der bemerkenswertesten Transformationsprozesse, die Barcelona im Verlauf des 20. Jahrhunderts durchlief. Auslöser für diese Veränderungen war die Wahl Barcelonas als Austragungsort der Olympischen Spiele 1992. Obwohl die lokalen Architekten maßgeblich für die städtische Erneuerung und Errichtung neuer Gebäude verantwortlich waren, bot das Sportgroßereignis auch die Gelegenheit, Werke herausragender internationaler Architekten in Barcelona zu präsentieren – auch wenn einige ihrer Interventionen nicht die erwartete Wirkung erzielten.

Die Wetterstation Centre Meteorològic (1992) von Álvaro Siza im Olympischen Dorf ist ein interessantes, von Architektur-Laien jedoch oft übersehenes Gebäude; der Fernsehturm “Torre de Collserola“ (1992) von Norman Foster wirkt als elegantes Wahrzeichen aus der Ferne, aber die Bürger suchen ihn selten auf; Frank Gehrys gigantischer Fisch „El Peix“ (1992) im Olympischen Hafen ist charismatischer, aber bleibt eine etwas rätselhafte Pergola auf halbem Wege zwischen skulpturalem und architektonischem Entwurf.

Álvaro Sizas Wetterstation Centre Meteorològic, © Rodrigo Chaparreiro

Der Palau Sant Jordi von Arata Isozaki, das Juwel des Olympischen Rings

Vorzeigebau der Olympischen Spiele war zweifellos der Palau Sant Jordi (1990) von Arata Isozaki: Im Herzen des sogenannten olympischen Rings gelegen, der die wichtigsten Sportanlagen umfasst, wurde er zum architektonischen Symbol des Events.

Der Palau Sant Jordi ist ein herausragendes Beispiel für das Gleichgewicht zwischen Tektonik, Eleganz und Sinnlichkeit. Weitab von Isozakis postmodernem Ansatz, fand der Entwurf zur Klarheit früherer Projekte zurück und bewahrte sich eine spielerische Leichtigkeit – wenngleich zurückhaltender als in den so charakteristischen Gebäuden des Architekten aus den 80er Jahren. Alles in dieser Halle scheint sich harmonisch ineinanderzufügen: angefangen bei der spektakulären Konstruktionstechnik bis hin zur materiellen Anordnung von Oberflächen und Details, den geschwungenen Linien, die an Gaudí erinnern, sowie der Nüchternheit der Vordächer und Innenhöfe. Nicht umsonst betrachten viele Architekten und Kritiker den Palau Sant Jordi als eines der besten Projekte Isozakis.

Palau Sant Jordi von Arata Isozaki, © Oh-Barcelona, unter Lizenz CC BY 2.0

Rafael Moneos L‘Illa Diagonal definiert einen Abschnitt der bedeutenden Straße Avinguda Diagonal neu

Der große Schwung, den das olympische Barcelona erfasst hatte, brachte in den Folgejahren eine Reihe von Großprojekten mit sich, die darauf abzielten, ausgewählte Stadtteile städtebaulich zu transformieren.

L’Illa Diagonal (1993) von Rafael Moneo und Manuel de Solà-Morales gilt darunter als eines der repräsentativsten. Der Gebäudekomplex wurde als großer horizontaler Block mit gemischter Nutzung in einem Gebiet errichtet, das zu jener Zeit seinen Charakter zu definieren suchte. Die rechteckige, fragmentierte und gestufte Volumetrie ist eine Allegorie der Stadt als Nebeneinanderstellung von Bauten. Sie kontrastiert mit der einheitlichen, durch eine Verkleidung aus hellem Stein und gleichmäßige Anordnung der Fenster geprägte Architektursprache. Noch interessanter ist die Rückseite der Fassade und die interne Straße, die das Einkaufszentrum strukturiert und in einem überdachten Innenhof von hoher räumlicher Komplexität endet.

Einkaudszentrum L’illa Diagonal von Rafael Moneo und Manuel de Solà-Morales, © Rodrigo Chaparreiro

Konzerthalle L‘Auditori von Moneo: Die Schaffung eines neuen kulturellen Zentrums

Das Auditori (1999) von Rafael Moneo, obgleich etwas kleiner, spielte eine vergleichbare Rolle, indem es versuchte, ein mit dem Rest der Stadt verwobenes kulturelles Zentrum im Umfeld der Plaça de les Glòries zu definieren.

Auch dieses Projekt wurde als horizontaler Block konzipiert, diesmal jedoch mit einer regelmäßigeren Volumetrie, die durch eine modulare Betonstruktur mit Cortenstahl-Paneelen geprägt ist. In der Mitte des Blocks befindet sich ein gedrehter Würfel aus durchscheinendem Glas. Der auf diese Weise entstehende attraktive Innenplatz fungiert als Bindeglied zwischen den beiden Auditorien, aber auch als Fußgängererweiterung der Straße Ausiàs Marc und verbindet das Gebäude mit dem Teatre Nacional de Catalunya. Ähnlich wie bei der Illa ist die räumliche Qualität des Projekts noch interessanter als seine äußere Erscheinung, wobei der Hauptkonzertsaal und das vorgeschaltete Foyer besonders hervorstechen.

Konzerthalle L’Auditori von Rafael Moneo, © Francis Lenn, unter Lizenz CC BY 2.0

Richard Meiers MACBA: Ein Museum zur Belebung des Stadtteils Raval

Eine weiteres Bauprojekt aus dieser Zeit, welches zudem eine soziale Herausforderung darstellte, war die Schaffung eines aus mehreren Gebäuden bestehenden Kulturclusters im Stadtviertel Raval, darunter das Museu d’Art Contemporani de Barcelona (MACBA, 1995) von Richard Meier.

Als zentrale Figur der die 1970er Jahre bestimmenden architektonischen Transformationsprozessen war Meier Mitglied der New York Five. Diese jungen Architekten, zu denen auch Peter Eisenman gehörte, experimentierten mit Ansätzen, die sich verspielt gaben und gleichzeitig streng im formalen Repertoire der 1920er und 1930er Jahre bewegten, insbesondere in Bezug auf das Werk von Le Corbusier. Bereits in dieser Frühphase offenbarte Meier eine intellektuelle Rastlosigkeit, die er in den folgenden Jahrzehnten weiterentwickelte.

Meier entwickelte sich zu einem gefragten Architekten in den 1980er und 1990er Jahren; Weiß galt dabei als sein unverkennbares Markenzeichen. Obwohl er mit Beginn des neuen Jahrhunderts etwas in Vergessenheit zu geraten schien, sollte ein Besuch im MACBA ausreichen, um sich das Werk dieses großartigen Raumkünstlers einmal mehr ins Bewusstsein zu rufen. Meier bewegte sich stets abseits des Kontextualismus, und sein Museum im Herzen des Raval ist ein gutes Beispiel dafür. Es steht formal im Kontrast zur Umgebung, aber seine spannungsvolle Gebäudevolumetrie schafft öffentliche Räume von hoher Qualität, und das Ergebnis ist viel kohärenter als das anderer zeitgenössischer Gebäude.

Richard Meiers Museu d’Art Contemporani de Barcelona, © GA Barcelona

Das Hauptgebäude des Forum 2004 von Herzog & de Meuron als Abschluss der Avinguda Diagonal

Das bedeutende Grossereignis zu Beginn des 21. Jahrhunderts, die Austragung des Internationalen Forums der Kulturen 2004 in Barcelona, brachte einige interessante architektonische und städtebauliche Projekte, wie die Vollendung der Avinguda Diagonal, die genau an jenem Punkt das Mittelmeer erreichte, wo sich das zentrale, vom renommierten Architektenduo Jacques Herzog & Pierre de Meuron entworfene Gebäude der Veranstaltung befand.

Ihr Edifici Fòrum (2004) hat aus verschiedenen Gründen nicht einstimmig Anerkennung erfahren und ist zumindest ein sonderbares Gebilde. Auf den ersten Blick ein zweigeschossiger Bau, bildet das Erdgeschoss einen auffällig zurückgenommenen, porösen und mit maritimen Anspielungen gespickten Sockel, der sich in eine vollkommen neue städtische Umgebung einzugliedern versucht. Das darüber liegende Geschoss präsentiert sich als massives, an allen Seiten auskragendes blaues Dreieck. Wie üblich für Schweizer Architekten, spielen Texturen eine zentrale Rolle bei der Entwurfskonzeption.

Nichtsdestotrotz haben die spärliche natürliche Beleuchtung im Gebäudeinneren, das verschwundene Wasserbecken auf dem Dach und einige Kritik an der Fòrum-Veranstaltung selbst den Ruhm des Gebäudes in weiten Teilen geschmälert, obwohl ihm zuletzt durch die Umnutzung in ein Naturkundemuseum neues Leben eingehaucht wurde.

Forum-Gebäude von Jacques Herzog & Pierre de Meuron, © Daniele Ansidei

Die Torre Glòries von Jean Nouvel: Ein neues Wahrzeichen für Barcelona

Am anderen Ende der Avinguda Diagonal befindet sich der Büroturm Torre Glòries (2005), Jean Nouvels erstes Werk in Barcelona. Ursprünglich für das Unternehmen Aguas de Barcelona (Agbar) konzipiert, ist der Entwurf von einem Geysir inspiriert ein Umstand, der ein Stück weit die einzigartige Form und die aus Glaslamellen bestehende, zwischen transparenten und transluzenten Elementen wechselnde Außenhaut des Gebäudes erklärt. Hinter einer zweiten Gebäudehülle aus gewellten Metallplatten verbirgt sich eine für einen 34-stöckigen Turm ungewöhnliche Stahlbetonkonstruktion.

Der elliptische Grundriss und die scheinbar zufällig angeordneten quadratischen Fassadenöffnungen sind weitere markante Merkmale des Projekts. Wenn man dazu noch die Gebäudehöhe von 144 m, die intelligente Fassadenbeleuchtung und die kürzlich eröffnete Aussichtsplattform in der obersten Etage berücksichtigt, wird schnell verständlich, dass die Torre Glòries zu einem wichtigen Bezugspunkt für Barcelona und zum Symbol der städtischen Erneuerung in diesem Teil der Stadt geworden ist.

Torre Glòries von Jean Nouvel, © GA Barcelona

Landschaftsdesign, das seinesgleichen sucht: Nouvel‘s Parc del Centre del Poblenou

Auf halbem Weg zwischen dem Fòrum und der Torre Glòries liegt der sehr ungewöhnliche Parc del Centre del Poblenou (2008), Nouvels zweites Projekt in Barcelona. Wie der Name verrät, handelt es sich um einen landschaftsarchitektonischen Entwurf, der erwartungsgemäß wenig mit herkömmlichen Parks zu tun hat. Zunächst einmal verfügt er über eine dreieckige Form, die drei Häuserblocks einnimmt, zwischen denen der Straßenverkehr erhalten wurde. Jeder einzelne dieser Bereiche ist von Betonmauern umgeben, die mit Vegetation bedeckt sind und von kreisförmigen Öffnungen sowie verschiedenen Zugangstüren durchbrochen werden. Einzig in der Espronceda-Straße wird durch die Schaffung eines grünen Tunnels eine gewisse Kontinuität zwischen den voneinander abgetrennten Sektoren ablesbar.

Im Inneren des Parks definiert eine Kollektion kreativ gestalteter Stadtmöbel unterschiedliche thematische Räume, in denen heimische Pflanzenarten vorherrschen und das Fehlen der für das Klima von Barcelona eher ungeeigneten Rasenflächen auffällt. Besondere Erwähnung verdient der „Cráter-pou del mon“, ein nahezu surrealer Raum, in dem ein von Bougainvilleen umgebener spiralförmiger Weg hinab in den vermeintlichen Krater führt.

Parc del Centre del Poblenou von Jean Nouvel, © Luis Fraguada, unter Lizenz CC BY-SA 2.0

Fortsetzung folgt…

Wie wir sehen, verfügt Barcelona über eine nicht unbedeutende Anzahl von Bauwerken, die aus der Feder renommierter, mit dem Pritzker-Preis ausgezeichneter Architekten stammen. Es sind so viele, dass wir in einem zweiten Blog-Artikel weitere in den letzten beiden Jahrzehnten entstandene Projekte besprechen werden, darunter Werke des katalanischen Teams RCR Arquitectes sowie des jüngsten Pritzker-Preisträgers David Chipperfield. Sie dürfen also auf die Fortsetzung unseres Blogs Mitte Oktober gespannt sein!

Text: Pedro Capriata

LITERATURVERZEICHNIS

Centre Obert d’Arquitectura (s.f.). ArquitecturaCatalana.Cat
https://www.arquitecturacatalana.cat/en

Cervelló M., Gausa M., Pla, M. (2013). BCN Barcelona: Guía de Arquitectura Moderna. Actar

Frampton, K. (1992). Modern Architecture. A Critical History. Thames and Hudson.

Franco, J. T. (2014). El legado arquitectónico de los Juegos Olímpicos de Barcelona 1992. ArchDaily.
https://www.archdaily.cl/cl/02-360988/el-legado-arquitectonico-de-los-juegos-olimpicos-de-barcelona-1992

González, F., Ray, N. (2015). Rafael Moneo: Building, Teaching, Writing. Yale University Press.

Jodidio, P., Nouvel, J. (2022). Jean Nouvel by Jean Nouvel. 1981–2022. Taschen.

Nouvel, J. et Al. (2007). Torre Agbar: Diálogos con Barcelona. Lunwerg.

Oliva, J. (2023). Barcelona, la ciudad donde los premios Pritzker conviven con el Modernismo. La Vanguardia.
https://www.lavanguardia.com/vida/20230308/8810313/barcelona-ciudad-premios-pritzker-conviven-modernismo.html

Oshima, K. T. (2009). Arata Isozaki. Phaidon.

The Pritzker Architecture Prize (s.f.).
https://www.pritzkerprize.com/

VV.AA. (1992). Barcelona olímpica. La ciudad renovada. Àmbit Serveis Editorials.

VV.AA. (2006). Richard Meier Museums. Rizzoli.

VV.AA. (2021). Barcelona. Modern Architecture & Design. Monsa.

Published On: Juli 31, 2023Categories: blog
Neuer sozialer Wohnbau in Barcelona, ein Vorbild für Innovation und Nachhaltigkeit
Die Pritzker-Preisträger und ihre Bauten in Barcelona II